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Veranstaltung: Vortrag und Diskussion

Gelbe Westen - der neue soziale Widerstand?

Seit 18 Wochen demonstrieren unsere französischen Nachbarn gegen den sozialen Raubbau ihrer Regierung.

Der französische Präsident, in der Zeit seines Wahlkampfes von Deutschland als "die Hoffnung für Europa" angesehen, ist wie sein Vorgänger dabei, die Liberaliserungs- und Privatisierungspläne der EU auch in Frankreich durchzusetzen. Mithilfe eines medialen Spektakels kam er, der Vertreter den Banken, des Kapitals und der Eliten mit seiner Partei "Republique en Marche" an die Macht und machte sich ans Werk, die alten Pläne der EU, an deren Durchsetzung Hollande gescheitert war, mit neuen Gesetzen zu verwirklichen.

Doch dagegen erhebt sich im November 2018 unerwartet massiver Widerstand. Nach den "Aufrechten der Nacht" (Nuit Benoir) erlebt Frankreich nun eine neue Protestwelle. Eine, die einen Stop des sozialen Kahlschlags Macrons, also der Durchsetzung der "europäischen Interessen" im Fokus hat. Wenn sich auch der Protest an der Erhöhung der Kraftstoffpreise entzündet hat, ging es nie wirklich darum - der Druckkessel war zum Bersten geladen und benötigte nur das passende Ventil.

Eines der wesentlichen Symptome der Politik heutzutage ist, eine massive Verschlechterung der sozialen Lage, dadurch in die Wege zu leiten, das man fälchlicherweise etwas Gutes zu tun behauptet, wie in diesem Falle wieder einmal etwas für den Umweltschutz. Doch die Erhöhung der Kraftstoffpreise war nach Wochen von Protesten dann auch schnell vom Tisch - das war, betrachtet man den umfangreichen Forderungskatalog der Gelben Westen - aber auch keinesfalls der Kern des Anliegens. Das mußte nicht nur Macron zur Kenntnis nehmen, es drang auch in die europäischen Nachbarländer vor und auch dort verstanden viele das neue Symbol des sozialen Protestes und ergriffen die Gelbe Weste. Macron, der von Anfang an mit brutalem, staatlichen Terror gegen die Bewegung vorging, hat bisher wenig Zustimmung für seine Politik erzielen können und seine Offensive zur öffentlichen Debatte kann man getrost als gescheitert ansehen - Gelbe Westen wollen nicht die Fortsetzung der europäischen Politik, die überall seit Jahrzehnten mit totalitärem Anspruch behauptet "alternativlos" (TINA: "There Is No Alternative") zu sein, sie wollen das Gelaber der politischen Kaste nicht mehr hören, sie fordern Taten!

Das Ende der Geschichte ist noch nicht geschrieben und ganz offensichtlich erreicht die Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit einen neuen Höhepunkt in Europa. Für den Kampf gegen den sozialen Kahlschlag in Europa ist die Bewegung der Gelben Westen ein gewaltiger Fortschritt, denn:

Die Gelben Westen haben bereits nach Wochen Erhebliches erreicht (während allen anderen in Europa weiter nur genommen wurde) und sie senden so ein Symbol des Widerstandes an alle Werktätigen in Europa, sich nicht länger den Diktaten zu beugen.
Leider zeigt sich auch, wie schwer man es mit Kämpfen gegen den Raubzug es heute hat. Zwar hat Macron die Kraftstoffsteuererhöhung zurückgenommen und den Mindestlohn erhöht, aber das Gesamtpaket hat bisher nur etwa 10 Mrd € erreicht - Gelbe Westen wollen weitere Taten!

Aber die bisherigen Versuche, die Bewegung einzufangen (wozu auch eine europaweite Diffamierungskampgane der Medien gehört), sind ersteinmal gescheitert und alle Unkenrufe "jetzt geht der Protest zurück", haben sich bisher nur als Schwankungen gezeigt. Gleichzeitig politisiert sich die Bewegung sehr deutlich und entwickelt sich stärker zu einer Volksbewegung mit zunehmend linkem Charakter: Politik gegen den Krieg und eine "neue Demokratie" kommen in die Debatte: "Les Assemblée des Assemblées" (die Versammlung der Versammlungen) versucht einen landesübegreifenden Vereinigungsprozeß, über dem auch der Begriff der "Sechsten Replik" schwebt.

Die "deutsche Hoffnung auf Europa" mit einer Politik der systematischen Verarmung, mit der der Aufstieg am Weltmarkt bewerkstelligt und die Aufrüstung finanziert wird, kommt immer weiter an den Rand des Scheiterns. EU-Kommissar Oettinger drohte Frankreich mit einem Defizitverfahren (1), damit Macron den Gelben Westen gegenüber nicht nachgibt - zuviel steht auch für Deutschland auf dem Spiel. Macron, der gute Europäer, zeigt mit Gummigeschossen und Gefängnisstrafen wie er Merkels "marktkonforme Demokratie" versteht und durchzusetzen bereit ist - die Wahrheit über die sogenannte "Friedensunion", die mit einem sozialen Krieg startete.

Unsere Gruppe 'Aufstehen Heidelberg' hat die Politologin Susanne Hildebrandt eingeladen, direkt aus Frankreich zu berichten und die Hintergründe besser zu vermitteln - eine gute Gelegenheit, selber tiefere Einblicke zu bekommen und sich von der allgemeinen Diffamierung der Gelben Westen Bewegung in den Medien freizumachen. Auch die soziale Lage in Deutschland wird am Schluß unserer Veranstaltung angesprochen werden. Denn, wenn auch zu wenig bekannt (vor allem: zu gut gehütet), ist die soziale Lage in "Deutschland, das Land, in dem wir gerne leben", weitaus gravierender als in Frankreich: Mit über 16 Millionen Menschen, die an der Grenze zur Armutsgefährdung leben (Frankreich: 9 Millionen), mit fast einer Million Wohnungsloser, mit 3 Millionen Arbeitslosen, steht auch hier die Frage, wo die Gelben Westen bleiben. Sagt man nicht auch bei uns, sie sei "alternativlos", die aktuelle Politik?

Hier auf unserer Homepage findet sich auch eine umfangreiche Liste der Forderungen der Gelben Westen. Die Verhältnisse gemeinsam zu untersuchen und gegen den sozialen Kahlschlag aufzustehen, ist die einzige Chance unserer Zeit.

(1) EU-Kommissar Oettinger plädiert für Defizitverfahren gegen Frankreich

EU-Kommissar Pierre Moscovici stoppte das allerdings später.


  • Diese Einladung kann auch über diesen Link weiterverbreitet werden
  • Unser Flyer ist hier.

ORT: Gaststätte 'Zum Hutzelwald', Gaisbergstraße 93

(Direkt zur Webseite des Hutzelberg's)

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